Ein traumhafter Zauber aus der Welt der Musik
Es war Montag, der 29. Januar circa gegen 14 Uhr. Mein Mittagessen war noch nicht verdaut, als ich mich mit Krücken vorsichtig vor mich hin humpelnd, um meine neue Hüfte zu schonen, Richtung „Thrombosestützstrümpfeanziehseminar“ auf den Weg machte, um mir in einem Seminar für „Fortbewegungsuntaugliche am Rande der Gesellschaft angekommene SichnichtmehrselbstversorgenkönnendeeinstmalsambitionierteDrummerundMöchtegernbeachvolleyballer“ erklären zu lassen, wie ich wieder etwas mehr Würde in mein robbendes Leben bekommen würde, als wunderschöne Klänge auf meine tauben Ohren trafen. Ich hielt inne, was mir nicht sonderlich schwer fiel.
▼mehr anzeigen Die Tür zur Cafeteria stand offen und drinnen saß eine elegante ältere – wie ich inzwischen weiß – 80jährige Dame und entlockte dem Piano bis dahin dort nicht gehörte Töne. Ich stellte meine Krücken auf lautlos und schlich mich hinter die Zauberin der Tasten und erstarrte still und gebannt. Das aus dem Jenseits eingeflogene zeitlose Wesen spielte in seinem eigenen Universum versunken nur für sich selbst, unwissend von dem es heimlich belauschenden Fan. Nachdem sich die letzte Note, noch in sich selbst verliebt, heimlich davon geschlichen hatte, warf ich meine Krücken donnernd durch die Cafeteria, um meinen Händen Platz und Freiheit für tosenden Applaus zu verschaffen. Die in sich selbst versunkene Elfe aus der Zauberwelt der ungezählten Töne erwachte erschrocken und die Gäste der Cafeteria gerieten in vorübergehende Panik. Sie hatten Angst, Opfer eines Überfalls auf die Kaffeekasse zu werden. Mein leidenschaftlicher Applaus löste die Panik auf und überzog das Gesicht der zauberhaften Elfe mit einer liebreizenden blassen Röte. In unserem nachfolgenden Gespräch stellte sich heraus, dass Duská ihr Leben lang als Konzertpianistin auf allen Kontinenten dieser Welt unterwegs gewesen war. Die 80-jährige Grande Dame der Tastenvielfalt hatte, unter anderem, ihre bewegende Kunst ein paar Jahrzehnte auf dem Traumschiff aus der gleichnamigen Fernsehserie zum Besten gegeben und mit musikalischer Finesse alle Wellen, Riffs und Klippen vorzüglich gemeistert. Sie hat somit dazu beigetragen, dass das Traumschiff eine deutlich höhere Lebenserwartung als die Titanic hatte Inzwischen hat sie allerdings ihre erfolgreiche Karriere beendet und geießt ihre neue Hüfte. Inspiriert durch meinen Krückenweitwurfrekord gab sie vier Tage später ein weiteres Konzert. Dieses Mal zusammen mit Nestor aus Peru, der zwar noch mit Originalteilen durch das Leben jazzt, aber seiner Flöte solch wohlklingende Noten entlockte, dass uns der Kondor aus dem Reich der Inkas einen Besuch abstattete, um persönlich zu erfahren, wer ihm da auf solch wohlklingende Art Huldigungen erbrachte. „El Condor pasa“ ließ grüßen und entführte uns „Humpler“ in das Reich der unbeschwerten Leichtigkeit. Doch damit immer noch nicht genug: Duská, anscheinend überaus „hüftmotiviert“ und jung „bequellt“ brachte noch mehr Licht in unsere dunkle Hütte und brachte uns runderneuerten Hüften eine wunderbare Mezzosopranistin namens Nidia Palacios näher, die mit einer unglaublich emotionalen Darbietung von „Don’t cry for me Argentina“ die gesamte Median Klinik in Wiesbaden in ihren Bann zog. Im Anschluss daran brachte Duskás erst 14jähriger Klavierschüler Robert Miers mehrere Eigenkompositionen zu Gehör und verwandelte die beschauliche Cafeteria endgültig in ein Tollhaus. Bevor diese vier zauberhaften und zeitlosen Elfen aus einer anderen Welt der Flugbahn des Kondors folgen würden, fasste ich mir mein krückenloses Herz, nahm meinen Mut zusammen und verpflichtete sie für das nächste Open Doors Festival. Wenn es mir diese Lichtgestalten der Musikalität erlauben, werde ich sie am Sonntag, den 21.07. im Saal der St. Josef Kirche höchstpersönlich anmoderieren und hoffe ein bisschen von dem Zauber zu beschwören, welchen sie in eine Rehaklinik in Wiesbaden gebracht haben. ▲weniger anzeigen