Unberechenbar bis zum letzten Stich
Am Anfang stand das kreative Chaos eines Rockworkshops im Jugendcafé Oberursel, und in dessen Herz tauchten vier junge Männer auf, die wie durch Magie zusammenfanden. Harald Bannoehr, Matthias Keller, Sebastian Rajkovic und Filippo Tiberia waren es, deren Stimmen sich ohne jede Mühe vereinten und sogleich die Anwesenden verzauberten. Als dann wie ein Omen Oliver Hartstack hinzustieß, komplettierten sie sich zum Quintett der späteren „U-Bahn Kontrollöre in tiefgefrorenen Frauenkleidern“.
▼mehr anzeigen Der Humor verband sie, die Liebe zur Musik sowieso und die Ablehnung von Konventionen obendrein. Ein Team, das sich in Filzpantoffeln mit Strickjacken als Kostüm ebenso wohl fühlte wie in opulenten Frauenkleidern, aber dieses war nur der Beginn ihrer Odyssee. Gemeinsame Proben führten bald zu spontanen Vorstellungen in Frankfurter Kneipen, wo alles von Brotkörben bis zu Tiefseegarnelen zur Requisite wurde. Nicht gerade Alltäglichkeiten für eine A-cappella-Gruppe, doch genau das machte den Reiz aus. Die erste offizielle Performance sollte auf einer Ausstellungseröffnung erfolgen, und ein Name musste her. In aller Eile, gerade mal zwei Stunden vor Beginn, fiel die Wahl auf ein Songzitat, das so absurd wie genial erschien und fortan ihr Markenzeichen wurde. Ihre Geburtsstunde? Eine Sensation, in der Unterhosen und antike Möbel Teil einer Performance wurden, die Police’s “Roxanne” auf unvergessliche Weise interpretierte. Schnell wurden sie zur Kulterscheinung. Ihre Kunst, die sich in keiner traditionellen Schublade verorten ließ, etablierte sich als „Hardcore a cappella“. Es ging nicht mehr um Spaß allein, es war die Revolution einer musikalischen Sparte, die sie mit jedem ihrer Auftritte vorantrieben. Ihre Dynamik auf der Bühne, die häufigen Kostümwechsel und die pure Originalität ihrer Darbietungen überzeugten auch die Skeptiker des Genres. Die wilden, unzähmbaren Kontrollöre, der wohl geplanten U-Bahn-Panik spielten als Vorgruppe angesagte Rockbands an die Wand und wenn dann noch die Biene Maja aus den Honigwaben schlüpfte, dachte wirklich jeder, dass die Jungs einen ordentlichen Stich weg haben. Aber besser von den U-Bahn-Kontrollören gestochen als von der Tarantel und die Stiche der A-cappella-Verrückten haben keine Nebenwirkungen, außer – nicht mehr zu bändigender gute Laune. Mit der Weisheit der Jahre auf den Haaren und einer großen Fanbase im Rücken, die inbrünstig ihre „Band ohne Instrumente“ feiert, ist jedem klar geworden: Ihre A-cappella-Musik ist nicht nur einzigartig – sie ist ein Phänomen. Jeder Auftritt ein Zeugnis ihres unverblümten Talents und der Fähigkeit, auch den letzten A-cappella-Zweifler zu bekehren. Mit dem Echo typischer Fan-Kommentare im Ohr – „Eigentlich mag ich a cappella nicht, aber ihr seid einfach genial!“ – haben die U-Bahn Kontrollöre in tiefgefrorenen Frauenkleidern ihren unumstrittenen Platz in der Musikgeschichte erobert. Lasst sie fliegen, auch wenn sie stechen. ▲weniger anzeigen